Behavioral Economic Research: „The Next Big Thing“, oder doch nur „Alter Wein in neuen Schläuchen“?

Behavioral Economic Research: „The Next Big Thing“, oder doch nur „Alter Wein in neuen Schläuchen“?

Eines möchte ich vorweg schicken: Das Ziel einer jeden Marktforschung ist es, aufgrund von Erkenntnissen über den Markt oder den Kunden, erfolgreichere Entscheidungen zu treffen.


Seit dem wir in 2010 durch eine Befragung von betrieblichen Marktforschern und Marketeers festgestellt haben, dass dieses Ziel gar nicht so selten verfehlt wird, arbeiten wir mit Hochdruck daran, den „Wirkungsgrad“ zu erhöhen.

In der Vergangenheit haben wir implizite Messungen eingeführt, Design Thinking Elemente in den Forschungsprozess implementiert, systematisch psychologische und soziologische Modelle zur Grundlage unserer Arbeit gemacht, sowie Online Dashboards und das Reporting mit Story Telling optimiert.

Viele dieser Dinge haben uns einen Schritt vorangebracht, aber ein richtiger Eye Opener, um nicht zu sagen Quantensprung, war die Implementierung von Behavioral Economics in unsere Arbeit.

Dank BE können wir valider forschen und viel konkretere und zielgerichtete Handlungsempfehlungen geben, sodass der sonst übliche Transfer von Marktforschungsempfehlung in handfeste Entscheidungsoptionen und Maßnahmen „entfällt“ – weil er Teil des Prozesses wird.


Aber wie kommt es dazu? Wie wird das praktisch umgesetzt? Konkret setzt die Implementierung von BE in der Marktforschung an folgenden Stellen an:

  • Fokus auf die Verhaltensänderung – also nicht der Fokus auf das „Warum?“ wie z. B. „Was brauchen meine Kunden, warum ist das so?“ – sondern auf das „Wie kann ich…?“, wie z B : „Was kann ich tun um das Kundenverhalten so zu verändern, dass sich mein Umsatz, meine Marge, sonstiger KPI wie die Kundenzufriedenheit oder Weiterempfehlungsrate erhöht?“.
  • Vom Ende her gedacht: Welches Kundenverhalten will ich erreichen? Welche Nudges sind dann potentiell hilfreich? Welche Barrieren und Treiber für das Wunschverhalten könnte es geben? Erst danach geht es darum zu überlegen, was gemessen werden muss, um diese Thesen zu validieren.
  • Einbeziehung der weltweit verfügbaren Erkenntnisse über die typischen Verhaltensweisen von Menschen (Kognitive Biases/Effects und Nudges zusammengefasst in der BE-Toolbox). Neben Kahneman, Thaler oder Ariely, entdecken und validieren eine Vielzahl anerkannter Forscher täglich neue Verhaltenseffekte. Dieses Wissen als Grundlage jeder Forschung zu machen, verbessert die Analysequalität wesentlich. Zugleich macht die Benennung des jeweils relevanten Effekts das irrationale Kundenverhalten auch für Organisationen nachvollziehbar und handhabbar. Denn alle Effekte haben einprägsame Namen, die man sich leicht merken und damit sich darüber austauschen kann.
  • Untersuchungsdesigns, die Kundenverhalten und Einflussfaktoren messen und nicht nur nach Meinungen fragen. Statt: „Was gefällt? Was ist Dir wichtig? Was brauchst Du? Würdest Du kaufen?“, messen wir die Wirkung alternativer Maßnahmen zur Verhaltensänderung. Also Wie verhält sich der Kunden in einer bestimmten Situation? Welche Wirkung entfalten unsere Maßnahmen? Was sind die Trigger seines Verhaltens, bei denen wir ansetzen können, um eine Veränderung zu erreichen?
  • Verhaltensprognosen auf Basis der typischen Verhaltensmuster der Kunden, sowie der Treiber & Barrieren dieses Key Behaviors - und statt auf Basis von bloßem Interessensbekundungen und einer bekanntermaßen unzuverlässigen Prognose des eigenen Verhaltens durch die Befragten. Auf diese Weise erhält man Prognosen, die auch dann noch aussagekräftig sind, wenn sich z.B. die Wettbewerbssituation verändert, weil beispielsweise ein Konkurrent ein ähnliches Produkt auf den Markt bringt.
  • Messungen, die auch die bekannten Verhaltenseffekte der Test- bzw. Befragungssituation berücksichtigen, um Fehlmessungen bzw. Fehlinterpretationen zu vermeiden. Das bedeutet also, nicht fragen was wir wissen wollen, sondern das Verhalten und die Entscheidungen der Kunden beobachten. Aber auch vorzugsweise die Wirkung von Maßnahmen auf den Kunden zu messen, statt ihn zu fragen, was ihm besser gefällt - und natürlich nicht direkt fragen was ihm wichtig ist; entscheidender ist es, ausgehend von seinem Verhalten und seinen Einstellungen, auf die Relevanz zu schließen.
  • Augen auf für Neues! Die grundsätzlichen Basiseffekte und Biases, die das menschliche Verhalten determinieren, sind bekannt. Aber welche Wirkung diese in speziellen Kontexten entfalten, dazu gibt es immer noch Neues zu entdecken. Gleiches gilt für Trigger für positive Verhaltensweisen, die sogenannten Nudges.

 

In unserer täglichen Arbeit sieht das folgendermaßen aus. Grundsätzlich haben wir zwei Richtungen:

Einen explorative geprägten Ansatz, den wir beispielsweise dann einsetzen, wenn es gilt Ansätze für neue Produkte zu identifizieren, den Kaufentscheidungsprozess zu kartographieren, oder auch die Treiber von Loyalität für ein Unternehmen zu konkretisieren.

Im Fokus der meisten Projekte steht jedoch der validierende Ansatz. Bei diesem gehen wir in folgenden Schritten vor:

 

  1. Briefing zur grundsätzlichen Zielstellung des Kunden,
    auf dessen Basis wir ein Angebot und Studienkonzept erstellen.
  2. Verhaltens-ökonomische Expertenanalyse:
    Welche Effekte spielen für das Verhalten in diesem Kontext eine Rolle? Welche Barrieren und Verhaltenstreiber könnten auftreten? Welche Nudges kommen vor diesem Hintergrund in Frage?
  3. Kick-off Workshop:
    Detailbriefing und Vorstellung der Expertenanalyse – Erarbeitung von alternativen Nudges um das Kundenverhalten zu ändern. Das heißt Erarbeitung eines Zielbildes des Kundenverhaltens. Konkretisierung der Stimuli für den Test.
  4. Umsetzung im Testdesign und Durchführung der Experimente im Feld.
  5. Datenaufbereitung und Voranalyse.
  6. Analyse Session (intern):
    Das heißt Abgleich der Ergebnisse mit den Thesen (zu Effekten, Barrieren/Treibern und Nudges), Erarbeiten von Handlungsempfehlungen, Story- Entwicklung und Berichtsdefinition. Aber auch das Hinterfragen unserer Empfehlungen, zur Vermeidung von Fehleinschätzungen aufgrund des Confirmation Bias des Forschers.
  7. Umsetzung der Ergebnisse in Bericht bzw. Präsentation – Dokumentation und Verlinkung der relevanten Verhaltenseffekte.
  8. Insight into Action Workshop:
    Vorstellung & Reflexion der Ergebnisse – Erarbeitung der finalen Lösung mit dem Team des Kunden (bzw. in agilen Projekten die Lösungen für die nächste Iteration).

 

Die Kenntnis über die Dynamiken (Prozess, Treiber & Barrieren) des Key Behavioral, z.B. das Kaufentscheidungsverhalten der Kunden, bilden die entscheidende Grundlage, um zielorientiert arbeiten zu können. Dies gilt es bei der erstmaligen Durchführung eines solchen Projekts zunächst zu analysieren, und bildet somit die Landkarte für aktuelle und zukünftige Projekte.

Um auf die am Anfang gestellte Frage zurückzukommen: Behavioral Economic Research ist sicherlich kein „Alter Wein in neuen Schläuchen“ – für uns Forscher ist es schon heute so etwas wie „The Next Big Thing“. Die Resonanz, die wir auf unsere Kundenprojekte erhalten, die Diskussion des Themas in der Öffentlichkeit , oder der kürzlich an Thaler verliehene Nobelpreis zeigen, dass das Thema immer mehr an Bedeutung gewinnt. Deswegen sind wir sehr zuversichtlich, dass in einigen Jahren Behavioral Economics in Unternehmen zum Standard wird.

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